Während des ersten Pub ‘n’ Pub-Stammtisches in Köln (Infos am Ende des Textes) führten wir ein Insidergespräch mit Lucas Lüdemann (39) vom experimentellen E-Book-Verlag 11punkt. Ein Gespräch über Stuntautoren und die Erweiterung des Möglichen in der E-Book-Produktion.
Ein experimenteller E-Book-Verlag – was ist das?
Lüdemann: Sowohl Anke von Heyl wie auch ich haben erlebt, dass in konventionellen Verlagen Kräfte wirken, die „innovationshemmend“ sind. Mit unserem Verlag 11punkt möchten wir zeigen, dass auch E-Books eine hohe inhaltliche und typografische Qualität erreichen können. Unser Geschäftsmodell könnte auch sein, unsere Erfahrungen an der Grenze des Machbaren mit anderen Verlagen zu teilen.
Gleich das dritte Werk von 11punkt, „Die 13 Leben des Katze. Erzählungen eines Stuntman“, ist ein typischer Fall für ein Buch, das in einem „normalen“ Verlag eigentlich chancenlos ist …
Lüdemann: Ja, aber nur chancenlos, weil es nicht in das Schema eines Belletristik-Verlages passt. Stuntman? Ist das Abenteuer? Dafür haben wir kein Programm, keine Warengruppe etc. – das waren die Antworten, die der Autor, Thomas K. Katzmann, zu hören bekam.
Als einer der Ersten durfte ich „Die 13 Leben des Katze“ lesen. Ein Text wie geschaffen für das E-Book. Kurze lustige und spannende Geschichten aus dem Leben eines Filmmenschen. Immer am schmalen Grat zwischen Kunst und Scheitern – und alles mit Liebe und Herz geschrieben. Ihr E-Book spiegelt das wieder: Ein liebevolles Cover, der bewusste Einsatz von Typografie und Bildern. Da reichte am Ende selbst der Funktionsumfang der E-Book-Software tango solo nicht?
Lüdemann: Wir sind halt ein experimenteller Verlag und haben bei diesem Projekt, genau wie bei unserem Street-Art-Projekt „Open Your Eyes“, das Programm an seine Grenzen geführt…
…und im Code weitergemacht?
Lüdemann: Genau, wir haben die XML-Struktur aus tango solo genommen und dann weiter modifiziert.
Mit den „13 Leben des Katze“ ist es ihnen gelungen, eine Qualität in den E-Book-Bereich zu bringen, die man so noch nie gesehen hat?
Lüdemann: Im Prinzip ist die mangelnde Qualität auch das, was mich an vielen E-Books gestört hat. Auf dem E-Bookmarkt sieht man viele automatisiert erstellte E-Books, die noch nicht mal wie mit tango solo vernünftige Inhaltsverzeichnisse anbieten. Von Typografie ganz zu schweigen. Die Masse ist automatisiert aus alten Datenbeständen konvertiert. Es gibt zwar erste Ansätze, aber es fehlt oft an der Feinoptimierung für die E-Reader. Diese Optimierung haben wir bei den „13 Leben des Katze“ vorgenommen. Solche verbesserten Produkte könnten dann die neue Matrix für automatisierte Produkte aus XML-Datenbanken wie tango media darstellen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Man sieht, dass Fotos und Typografie hier wohl überlegt eingesetzt wurden. Zusätzlich ein tolles Inhaltsverzeichnis und besonders gut hat mir der Einsatz von Initialen am Kapitelanfang gefallen…
Lüdemann: Die CSS-Modifizierung ist aus meiner Sicht notwendig. Ich möchte in den HTML-Code rein und sehen, was da passiert.
Das kann wohl nicht jeder leisten?
Lüdemann: Hier ist sicherlich tango media interessant für alle, die Projekte haben, die auch in Print ausgeben werden. Aber so weit sind wir noch nicht. Wir werden irgendwann an den Punkt kommen, wo wir uns entscheiden müssen. Die 11punkt-Themen: Kunst, Kultur und Reisen sind eigentlich Themen die ein emotionales Medium wie Papier benötigen. Diese Themen nur digital abzubilden, erfordert einen enormen zeitlichen und finanziellen Aufwand.
Experimenteller Verlag – ein schwieriges Geschäftsmodell?
Lüdemann: Von unseren Büchern alleine werden wir lange nicht leben können. Mit dem 11punkt-Verlag sehen wir eine Chance, der Branche neue Wege vorzustellen. Als kleines Team können wir flexibel reagieren und viele Dinge schneller ausprobieren. Mit diesem Know-How können wir an die Branche herangehen und unser Wissen teilen. Das Interessante ist, herauszufinden, was dieses neue Medium wirklich kann und es auf hohem Niveau weiterzuentwickeln.
Würden Sie tango solo beziehungsweise tango media empfehlen?
Lüdemann: Unbedingt. Beide kann ich in jedem Fall empfehlen. tango ist eins der besten Produkte auf dem Markt, da sich auf XML-Basis sehr komfortabel gedruckte und digitale Bücher herstellen und Verlagsworkflows abbilden lassen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Über: Pub ‘n’ Pub (#pubnpub) ist eine von Leander Wattig initiierte Publishing-Stammtischreihe in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Organisiert von Kerstin Brömer trafen sich unter dem Pub ‘n’ Pub-Label am 27. November 2013 erstmalig in Köln, Branchenmenschen und sprachen über Trends im Publishing, Gott und die Welt.
Das Gespräch führte Andreas (Andy) Artmann. Er ist Publizist und Art Director und arbeitet als freiberuflicher Dozent und Social Publishing Redakteur für die ABZV e. V. (Bildungswerk der Zeitungen) und für die MarkStein Software GmbH.
- E-Book und Gestaltung im 11punkt Verlag
E-Book und Gestaltung im 11punkt Verlag. Autor ist Thomas K. Katzmann.